****** Wenn man wie David Bowie so ein Klassealbum wie The Man Who Sold The World produziert hat und das trotzdem vom Publikum weitesgehend ignoriert wurde, dann fragt man sich, was man eigentlich spielen soll, um Erfolg zu haben. Eine solche Frage scheint sich David Bowie selber wohl nie gestellt zu haben, denn zusammen mit Mick Ronson (Gitarre), Trevor Bolder (Baß) und Rick Wakeman (Piano) spielte er unter der Regie von Produzent Ken Scott setzte er mit dem Nachfolgewerk Hunky Dory noch eine Schippe drauf. Hunky Dory übertrifft die Klasse von The Man Who Sold The World noch um einiges, allerdings darf man die beiden nicht miteinander vergleichen, sind sie musikalisch doch völlig verschieden. Dominierte auf The Man Who Sold The World noch ein gradliniger, zeitweise etwas düsterer Rocksound, so überrascht Bowie auf Hunky Dory mit einer vielschichtigen, von Piano und zeitweise leicht symphonisch beeinflußter Musik. Das Album beginnt mit Changes, einem klassischen Bowie Song, der ihm als Singleauskopplung im Frühjahr 1972 seinen ersten, wenn auch bescheidenen Hit in den US-Charts bescherte. Das herrlich schräge Oh! You Pretty Thing läßt sich stilistisch nur schwer einordnen, außer vielleicht, daß der Refrain an den Popsound der 60er Jahre erinnert. Das Stück geht nahtlos in die Ballade Eight Line Poem über. Ballade ist vielleicht etwas übertrieben, dazu klingt das Stück mit leichtem Blueseinschlag doch zu sperrig. Ein Glanzlicht des Albums ist zweifelsfrei Life On Mars?, ein herrlich schräges Stück mit streckenweise bombastischen Passagen, vor allem im Refrain. Life On Mars? entpuppt sich schnell als ziemlich gemeiner Ohrwurm, den man, einmal gehört, so schnell nicht wieder vergißt. Als David zwei Jahre zum Superstar aufgestiegen war, wurde das Stück als Single veröffentlicht und bescherte David einen Top 10 Hit in England. Wie ein Stück aus der Feder Burt Bacharach mutet Kooks an, ein Stück mit leichten Streicher- und Trompeteneinlagen. Mit Quicksand knüpft David an den Sound der Alben Space Oddity und The Man Who Sold The World an, hier allerdings, durch die Orchestereinlagen bedingt, wesentlich harmonischer und abwechslungsreicher. Fill Your Heart ist eines der wenigen Lieder in Davids Gesamtwerk, das nicht aus seiner Feder stammt. Das Stück stammt von Paul Williams und Biff Rose, paßt aber gut in sein damaliges Konzept. Das (fast) akustische Andy Warhol ist ein echter Geheimtip! Ebenfalls ein echter Geheimtip ist das herrlich schräge Song For Bob Dylan. Musikalisch klingt das Stück so, als wenn sich der gute Bobby D. vor den Aufnahmen eines Liedes eine Tüte genehmigt hätte. Eine richtig gute Nummer ist der Rocker Queen Bitch, der ein wenig an Velvet Undergrounds Sweet Jane erinnert. Wer sich jemals für die Musik von Mott The Hoople interessiert hat, erkennt hier sofort Mick Ronsons Gitarrenspiel. Klasse! Ein typischer Bowie Titel jener Zeit ist The Bewlay Brothers, ein richtig guter Titel, den man sich aber mehrmals anhören muß, damit er sich in den Gehörgängen festsetzt. Das Fazit von Hunky Dory: Mit diesem Werk ist David Bowie ein ganz großer Wurf gelungen, eines der besten Alben der Jahre 1971. Zwar erreicht es nicht ganz die Klasse seiner außergewöhnlichen Werke der Jahre 1976/77, zum Zeitpunkt von Station To Station, Low und Heroes war Bowie eh konkurrenzlos und eine Klasse für sich. Meines Erachtens gehört Hunky Dory zu seinen besten Werken. |